The Nuclear-Free Future Award 2022

Die Preisträger kommen aus Deutschland, Frankreich, Tansania und den USA

Der Nuclear Free Future Award ehrt seit 1998 Menschen auf der ganzen Welt, die sich für das Ende des Atomzeitalters engagieren und Wege aufzeigen, sowohl die militärische wie die zivile Nutzung der Kernenergie zu beenden.

Eine international besetzte Jury aus Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen wählte in den drei Kategorien Widerstand, Aufklärung, Lösung – dotiert mit jeweils 5000 US-Dollar – die Preisträger*innen des Nuclear Free Future Award 2022.

Kategorie WIDERSTAND:
Anthony Lyamunda, Tansania

Anthony Lyamunda wehrt sich seit vielen Jahren gegen den geplanten Uranabbau und die Eröffnung von Uranminen in seinem Land. Er schreibt und agitiert zu diesem Thema im Wissen, dass Afrika eine lange Geschichte der Ausplünderung durch die Kolonialisten wegen verschiedener Mineralien erdulden musste und bis heute erdulden muss. Aus Niger beispielsweise haben Bergbaukonzerne bislang 154.000 Tonnen Uran exportiert, was einem Weltmarktpreis von 34 Milliarden US-Dollar entspricht. Niger ist damit der siebtgrößte Uranproduzent aller Zeiten und gehört dennoch zu den drei ärmsten Ländern der Welt und hat durch den Uranabbau nichts weiter erhalten als die radioaktive Belastung seines Landes. Anthony Lyamunda streitet dafür, dass Tansania nicht das gleiche Schicksal erleidet. „Mit der Vergabe des Nuclear Free Future Awards soll die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf diese Problematik gelenkt werden“, so die Jury in ihrer Begründung.

Kategorie AUFKLÄRUNG:
Libbe HaLevy, USA

Libbe HaLevy betreibt einen wöchentlichen Podcast über alles, was mit Atomkraft zu tun hat, den Nuclear Hotseat. Es ist ein echter Kraftakt, aber sie kann hochkarätige Gäste aus der ganzen Welt verpflichten. Obwohl Libbe HaLevy ihren Sitz in den USA hat, ist es ihr gelungen, das Verständnis für die vielen Aspekte von Kernkraft und Kernwaffen nicht nur in den USA, sondern weltweit zu erweitern. Dies ist für beide Seiten von Vorteil. Die Amerikaner neigen zu einer gewissen Insellage, so dass ein breiteres Verständnis für Nuklearfragen in der übrigen Welt ein sehr wichtiger Beitrag ist, den Libbe HaLevy leistet. „Da das Programm des Nuclear Hotseat online verfügbar ist, können viele Aktivist*innen auf der ganzen Welt über den wöchentlichen Podcast auf Informationen zugreifen, die ihnen normalerweise nicht zur Verfügung stehen“, urteilt die NFFF-Jury, „das ist ein sehr überzeugendes Angebot.“

Kategorie LÖSUNG:
Malte Göttsche, Deutschland

In einer Zeit, in der Russland und Präsident Putin ganz offen mit dem Einsatz von Atomwaffen drohen, ist die Abschaffung von Atomwaffen noch dringlicher und wichtiger geworden. Professor Malte Göttsche von der RWTH Aachen sucht nach Wegen der Verständigung und setzt sich dafür ein, dass die Kernwaffenstaaten tatsächlich abrüsten. Zwar haben die USA und Russland ihre Atomwaffenarsenale hauptsächlich in den 90er Jahren drastisch reduziert. Dennoch verfügen Russland derzeit über fast 6000 atomare Sprengköpfe und die USA auf über 5400. Dabei befinden sich etwa 2000 Sprengköpfe in „hoher Alarmbereitschaft“. Malte Göttsche setzt sich für Abrüstung und die Abschaffung aller Atomwaffen ein und sucht nach neuen Wegen, auf denen die Atomwaffenstaaten gegenseitiges Vertrauen aufbauen, um dieses Ziel zu erreichen. „Das ist ein Dienst an uns allen“, so die NFFF-Jury. „Wir brauchen die Mechanismen, um zu verstehen, was die Kernwaffenstaaten tun oder auch nicht tun, wenn wir eine Chance haben wollen, die Ziele des Vertrags über das Verbot von Atomwaffen zu erreichen. Malte Göttsche gehört zu denen, die dafür den Weg bereiten.“

EHRENPREIS Kategorie Besondere Anerkennung:
Cécile Lecomte, Frankreich

Mit ihren spektakulären Abseilaktionen, vor allem gegen Atomtransporte, darunter auch Uran-Transporte von Gronau nach Russland und Frankreich, hat Cecile Lecomte es immer wieder geschafft, die Öffentlichkeit auf das wenig bekannte Geschäft der Urananreicherungsfirma Urenco in Gronau nahe der niederländischen Grenze aufmerksam zu machen. Auch mit Aktionen gegen die Brennelementefabrik Lingen erregt sie – durch ihre außergewöhnlichen Kletterkünste auch als „Eichhörnchen“ bekannt – viel Aufmerksamkeit im Kampf gegen die weitere Nutzung der Atomenergie in Deutschland. Dazu gehört auch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die vielfältigen internationalen Verflechtungen, die sich aus der Urananreicherung in Gronau und der Brennelementeherstellung in Lingen ergeben.

Aufgrund ihrer französischen Herkunft ist Cécile Lecomte in besonderer Weise in der Lage, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu organisieren und damit auch über französische Atomprojekte in Deutschland zu informieren. Informationen über Atomprojekte und Anti-Atom-Proteste verarbeitet sie auch als Journalistin für verschiedene Medien und in ihrem eigenen Blog. In früheren Jahren war sie maßgeblich am Kampf gegen die Castor-Transporte nach Gorleben beteiligt. „Ohne das Engagement von Cécile Lecomte wäre die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland deutlich schwächer und die internationale Dimension der Uranaufarbeitung in Deutschland weit weniger bekannt“, urteilt die NFFF-Jury. „Ihre Arbeit ist umso bemerkenswerter, als sie seit Jahren schwer erkrankt und auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Ihr Engagement für eine atomwaffenfreie Welt ist vorbildlich.“

EHRENPREIS Kategorie Lebenswerk:
Irmgard Gietl, Deutschland

Ungehorsam wurde der heute 93-jährigen Irmgard Gietl nicht in die Wiege gelegt. Ihre Jugend in der Oberpfalz ist von Armut und ziemlichen Entbehrungen geprägt. Stricken ist deshalb in ihrer Jugend eine Notwendigkeit, um warme Sachen zu bekommen. Doch Stricken wird zu ihrer Leidenschaft. Lange Zeit führt Irmgard Gietl ein ruhiges Leben als Mutter und Hausfrau. Als jedoch bekannt wird, dass in ihrer Nachbarschaft bei Wackersdorf eine vermeintlich harmlose atomare Wiederaufbereitungsanlage gebaut werden soll, wird sie misstrauisch. Die Härte, mit der die Regierung bald gegen demonstrierende Bürger vorgehen wird, treibt Irmgard selbst auf die Barrikaden. Für ihre Familie zu sorgen, bedeutet nun, gegen die Wiederaufbereitungsanlage zu kämpfen – mit dem, was sie von klein auf gelernt hat: mit Stricken! „Dass eine Frau die Streiterinnen und Streiter gegen die Wiederaufbereitungsanlage mit warmen Socken unterstützt, damit sie keine kalten Füße bekommen“, hat uns sehr beeindruckt, betont die NFFF-Jury. Dass die Bayerische Staatsregierung 1989 den Bau der WAA aufgegeben hat, führt Irmgard jedenfalls auch auf ihre „Widerstandssocken“ zurück – das ist in jedem Fall richtig, aber sehr bescheiden formuliert.

KOOPERATIONSPARTNER sind die Greenpeace Umweltstiftung, IPPNW Deutschland und Beyond Nuclear.

Pressemitteilung zum Download

PRESSEFOTOS zum Download

KONTAKT und INTERVIEWS mit den Preisträger*innen:

Frauke Liesenborghs, f.liesenborghs@nuclear-free.com

Dr. Horst Hamm, +49/157 715 43 231, h.hamm@nuclear-free.com

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