Taiwan schaltet letzten Reaktor ab, Belgien macht Atomausstieg rückgängig

"Nur die dummen Deutschen steigen aus der Atomenergie aus – so der falsche und polemische Spruch vieler unbelehrbarer Atomfreunde", kommentiert Hans-Josef Fell den Atomausstieg Taiwans. "Die Gründe sind die gleichen, die in Deutschland zum Atomausstieg führten: Die hohen Gefahren eines Super-GAUs, der die ganze Insel radioaktiv verseuchen würde. Nach dem Super-GAU in Fukushima 2011 im benachbarten Japan wurden die politischen Anstrengungen zum Atomausstieg noch einmal beschleunigt. Auch die ungelöste Frage der Atommüll-Endlagerung spielte eine wichtige Rolle. Zudem ist Taiwan völlig von ausländischen Uran- und Brennelementelieferungen abhängig. Jede Abhängigkeit der Inselversorgung von ausländischen Energierohstoffen stellt im Falle einer Zuspitzung des politischen Konflikts mit Peking ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar – auch wenn die Opposition in Taiwan das im Hinblick auf die Atomkraft anders bewertet."
Belgien dagegen hat zur gleichen Zeit vollkommen anders entschieden: das belgische Parlament stimmte mit großer Mehrheit für eine Laufzeitverlängerung der vier noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke von jeweils zehn Jahren: Tihange 3 und Doel 4 sind seit 1985 in Betrieb, Tihange 1 und Doel 2 sogar seit 1975. Auch der Bau neuer Reaktoren wurde grundsätzlich für möglich befunden. Die Laufzeitverlängerung kostet allerdings eine Menge Geld: "Der belgische Staat muss dafür wohl mindestens zwei Milliarden Euro investieren", schreibt die Süddeutsche Zeitung (SZ), nur um Tihange 3 und Doel 4 zehn Jahre länger am Netz zu lassen und dort die Sicherheit zu garantieren – "das hat sich der Energiekonzern Engie ausbedungen, seit den Siebzigerjahren Betreiber sämtlicher belgischer Reaktoren." Selbst der belgische Engie-Chef Vincent Verbeke hält die Laufzeitverlängerung für einen "strategischen Fehler", wie die SZ weiter berichtet. On angesichts dieser Einschätzung auch die Reaktoren Tihange 1 und Doel 2 länger am Netz bleiben, ist derzeit nicht gesichert. Denn für diese beiden Reaktoren hat die belgische Regierung derzeit noch keinen neuen Betreiber: "Atomkraft ist nicht mehr Teil der Strategie der Engie-Gruppe", sagte ein Konzernsprecher der Nachrichtenagentur AFP.