Atomenergie-Behörde IAEA will Kernenergie-Gipfel in Brüssel ausrichten

Belgien und die IAEA planen am 21.-22. März 2024 ein Gipfeltreffen, in dem es ausschließlich darum geht, die Kernenergie wieder voranzubringen. Das erklärte Ziel: Bis zum Jahr 2050 soll die Leistung der weltweiten Atomkraftwerke von heute 369 auf 850 Gigawatt mehr als verdoppelt werden.

Seit im Jahr 2005 im finnischen Olkiluoto und zwei Jahre später im französischen Flamanville mit dem Bau der ersten europäischen Druckwasserreaktoren (EPR) begonnen wurde, wird die Atomlobby nicht müde, eine Atomrenaissance herbeizureden. Neuester Versuch: Am 21. und 22. März 2024 soll in Brüssel ein Gipfeltreffen zum Thema Atomkraft stattfinden, bei dem es darum gehen soll, die Weichen für den Bau neuer Atomkraftwerke zu stellen - im Sinne des Klimaschutzes,, wie es heißt. "Die Staats- und Regierungschefs werden die Gelegenheit haben, ihre Visionen zu skizzieren, wie die Kernenergie ihnen helfen kann, sowohl ihre Netto-Null-Ziele als auch ihre Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen", sagte UN-Generaldirektor Grossi angesichts des bevorstehenden Treffen. Und die IAEA ergänzte in einer Pressemitteilung: "Der neue jährliche Ausblick der IAEA auf die Kernkraft prognostiziert, dass sich die installierte Kernkraftkapazität bis 2050 auf 890 Gigawatt mehr als verdoppeln wird, verglichen mit 369 Gigawatt heute. Dies entspricht einem Anstieg von fast 25 % gegenüber der Prognose der Agentur aus dem Jahr 2020, wobei die Prognosen das dritte Jahr in Folge nach oben korrigiert wurden."

Die Wirklichkeit sieht anders aus: In Finnland ging der EPR Olkiluoto-3 erst im April 2023 ans Netz - mit einer Verzögerung von 14 Jahren und einer Kostensteigerung von 3 auf 11 Mrd. Euro. Im französischen Flamanville ist der EPR immer noch nicht fertiggestellt. Die Kosten sind dafür von geplanten 3 auf 19 Mrd. Euro gestiegen, so der französische Rechnungshof. Im Dezember 2018 begann die EdF mit dem Bau des EPR Hinckley Point C1 in Großbritannien. Die Kosten wurden - nach den Erfahrungen in Finnland und Frankreich - auf 9,8 Mrd. britische Pfund veranschlagt. Inzwischen ist mit Hinckley Point C2 ein zweiter Reaktor im Bau. Und wie könnte es auch anders sein: Auch bei diesen Projekten gibt es bereits Zeitverzögerungen und eine deutliche Kostensteigerung. Nach Angaben der EdF sollen die Reaktoren jetzt 25 bis 26 Mrd. Euro kosten und frühestens 2027 Strom liefern. Es dauert viel zu lange und es ist viel zu teuer, um mit Atomkraft die Klimakrise zu lösen. Jüngstes Beispiel: im türkischen Akkuyu ist der russische Staatskonzern Rosatom dabei, den ersten von geplanten vier Atommeilern fertigzustellen. Er soll 2024 ans Netz gehen. Der garantierte Abnahmepreis beträgt 12,35 $-Cent pro kWh für 15 Jahre. Atomstrom ist in der Türkei damit 4 bis 5 Mal teurer als Solar- oder Windenergie.
Jeder Euro, der in den weiteren Ausbau der Atomenergie fließt, verhindert den schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien. Rund um den Globus sind sie - auch ohne die gestiegenen Energiekosten auf Grund des Ukrainekrieges - inzwischen deutlich kostengünstiger als Atomstrom und sogar gegenüber bestehenden Kohlekraftwerken konkurrenzfähig. Selbst in China, dem einzigen Land, das in den letzten zwei Jahrzehnten noch in großem Stil neue Atomkraftwerke gebaut hat, macht Atomstrom nur einen kleinen Teil an der gesamten Stromproduktion aus: Wie der World Nuclear Industry Status Report berichtet, lag der Anteil der Atomkraft im Jahr 2022 bei lediglich 4,7 %. Die Erneuerbaren lieferten im gleichen Jahr dagegen 15,4 % - und dabei ist der große Anteil der Wasserkraft nicht einmal mitgerechnet. Während die Atomkraftkapazität Mitte 2022 bei 53 GW lag, kamen die Sonne auf 392 GWp und der Wind auf 365 GW mit Steigerungsraten von 11 bzw. 28 % gegenüber dem Vorjahr. China hat begriffen, dass allein aus wirtschaftlichen Gründen die Zukunft bei den Erneuerbaren liegt - und dem sollte der Rest der Welt folgen, auch wenn die Atomlobby immer wieder das Gegenteil behauptet.
Im Bild: die Baustelle des Atomkraftwerks Flamanville 3 / © Wikimedia Commons / schoella (CC BY-SA 3.0)

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